[Rezension] Altes Land

Veröffentlicht: 6. September 2017 von Juliane

Altes Land Book Cover
Altes Land
Dörte Hansen
Gegenwartsliteratur
Penguin Verlag
März 2017
Taschenbuch
304

1945: Als Flüchtling kommt Vera als Kind gemeinsam mit ihrer Mutter Hildegard auf dem Hof von Ida Kerkhoff an. Im "Alten Land" müssen sich beide erst zurecht finden und fühlen sich zunächst fremd. Doch auch 60 Jahre später lebt Vera noch immer auf dem alten Bauernhof. Die Jahren und Erlebnisse haben sie einer eigenen Frau heranwachsen lassen.

Als ihre Nichte Anne mitsamt ihrem kleinen Sohn Leon vor der Tür steht, beginnt die Geschichte von Neuen. Auch diese beiden sind auf der Flucht. Nicht vor dem Krieg, sondern vor dem Ehemann und seiner Geliebten.

Auch Anne muss sich umgewöhnen: Von dem schicki-micki Leben in Hamburg Ottensen zu dem Leben auf dem Alten Land und dessen Eigenheiten.

 

Meine Meinung:

Vermutlich wäre mir dieses Buch nie aufgefallen, hätte ich es nicht von meiner Mutter mit einer großen Leseempfehlung in die Hand gedrückt bekommen. Und plötzlich war dieser Roman überall. Ich sah ihn in meiner Buchhandlung mit persönlicher Empfehlung der Buchhändler und auch online traf ich immer wieder auf ihn.

Ich habe allerdings ein gemischtes Verhältnis zu Romanen, die zur deutschen Nachkriegszeit spielen. Die Erinnerungen an “Zwangslektüre” aus der Schule werden da wach und bisher konnte mich einfach noch keins dieser Bücher so richtig packen. (Im Gegensatz zu Romane, die in England zur (Nach-) Kriegszeit spielen.)

So nahm ich mir das Buch zur Brust und ja, ich musste mich zeitweise richtig durch die Seiten beißen. Doch ich wollte nicht aufgeben, wollte verstehen, warum dieses Buch so beliebt ist und die Leute so berührt. Und ich denke, ich weiß warum. Gleichzeitig hat mich dieses Buch nicht fesseln können, ich sehe es ziemlich neutral und mit Abstand.

Man lernt hier ein Stück deutscher Geschichte kennen, somit schadet einem dieses Buch in keinem Fall, denn man lernt viel über unsere Vergangenheit und teilweise über unsere Gegenwart. Das “Alte Land” hat Tradition und ist heute sogar ein Touristenmagnet. Wer sich mehr über das “Alte Land” informieren möchte, kann das zum Beispiel hier tun.

Nachdem ich den Roman beendet habe, kommt mir das Alte Land dennoch wie eine Traumwelt vor. In dem Roman wird es “Gummistiefelwelt” genannt. Richtig emotional packen konnten mich weder die kauzigen, eigensinnigen Charaktere, noch das Setting oder die Geschichte. Zu schmucklos und gerade hinaus wurden mir hier Situationen beschrieben. Ob es der Selbstmord ist, der mich emotional kalt ließ oder das Schlachten der Tiere, das fast als zu skurril dargestellt wurde.

“Aber Vater und Sohn, das war kein Freundschaftsspiel, es war ein Kampf. Der Alte stur, der Junge wütend, Angriff und Verteidigung, Runde um Runde, zähes Ringen um neue Kirsch- und Apfelsorten, weniger Spritzmittel, größere Kühlhäuser, teure Maschinen, mehr Saisonarbeiter.”

Das Hofleben wird ohne Schnörkel beschrieben und auf den Punkt genau dargestellt. Der Zwiespalt der alteingesessenen Hofeigentümer und die Flüchtlinge aus Ostpreußen. Jeder sieht sich im Recht. Jeder hat ein Recht. Dennoch müssen sie zusammenkommen und es gibt Spannungen. Es ist das Hofleben, das harte Arbeiten ohne viel Freizeit. Vera, eine der Hauptpersonen, verlässt ihr Haus nicht einmal für einen kurzen Urlaub. Sie arbeitet hart und ist an ihren Hof gebunden.

Für mich war der gesamte Roman zu deprimierend und demoralisierend. Was  sehr drastisch klingt, aber ich so empfunden habe. Selten habe ich so stark gemerkt, dass ich nicht der richtige Leser für einen Roman bin. Ich bin in der falschen Lebensphase, im falschen Alter und vielleicht lebe ich im falschen Umfeld. Würde ich das Buch in 10 – 20 Jahren nochmal in die Hand nehmen, könnte eine Rezension ganz anders klingen.

Es gab eine Situation als ein Journalist zu Gast bei Vera ist und die alten Gegenstände begutachtet und letztlich auf allen Vieren kniet um den tollen altertümlichen Boden zu bewundern und Fotos mit seinem Handy davon zu schießen. Vera ist das suspekt. Es wird suspekt in dem Roman dargestellt. Genau wie dieser Mann fühlte ich mich als Leser.

Suspekt. Fremd.

“Wat würst du lütt, Vera.”

Plattdeutsch wird im alten Land auch gesprochen und hat mich zur Verzweiflung getrieben. Wer mich kennt, weiß, dass ich mit den einfachsten Dialekte schon Probleme habe – da war Plattdeutsch der reinste Graus. Zum Glück sind es nur vereinzelte Sätze, die auf Plattdeutsch geschrieben sind. Einige sind erklärt, andere bleiben einfach so stehen.

Meine Hauptkritikpunkte sind genau die Punkte, die andere begeistern. Ich habe mir einige Rezensionen durchgelesen. Ob die treffenden Beschreibungen oder die Charaktere vom Land. Sie werden als liebenswert und teilweise lustig (?!) beschrieben. So unterschiedlich kann man Geschichten verstehen!

Unter dem Titel “The House is mine” ist der Roman auch auf Englisch erschienen. Übrigens finde ich sowohl das deutsche, als auch das englische Cover sehr passend. Das englische ist etwas zu plakativ, weshalb ich letztlich finde, das das deutsche Cover mehr mit der Geschichte harmoniert.


Fazit:

Über dieses Buch muss sich jeder seine eigene Meinung bilden. Mir war der Erzählstil zu schmucklos und die Geschichte zu Trist. Dennoch punktet der Roman mit sehr treffenden Aussagen und einer realitätsnahen Schilderung der Konflikte und der Geschichte von den Personen im alten Land.


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