[Rezension] Das rote Adressbuch von Sofia Lundberg

Veröffentlicht: 18. September 2018 von Juliane

Das rote Adressbuch Book Cover
Das rote Adressbuch
Sofia Lundberg*
Lebensgeschichte
Goldmann Verlag
August 2018
Gebundene Ausgabe
352
Kerstin Schöps
Den röda Adressboken
das Bloggerportal!

Die Schwedin Doris ist 96 Jahre alt und lebt allein. Täglich kommt eine Pflegerin vorbei, hilft ihr beim Duschen und kocht ihr Essen. Tagein, tagaus. Ihr einziger Kontakt ist ihr Nichte Jenny, die in den USA lebt und sie deshalb nur per Skype treffen kann. Doch Doris‘ Leben war nicht immer so trist. Wenn sie durch ihr rotes Adressbuch blättert, kommen die Erinnerungen. Hinter den meisten Namen steht die Notiz „TOT“. Sie beginnt ihrer Nichte zu erzählen, wer hinter den Namen steckt und welche Erlebnisse sie mit diesen Personen verbindet.

Meine Meinung:

Hach, ich weiß jetzt schon, dass ich es nicht schaffen werde, meine Gedanken geordnet niederzuschreiben. Ich kann einfach nicht ausdrücken, wie wunderbar und ergreifend dieses Buch ist. Der Inhalt klingt so simpel und fast langweilig – und doch steckt so viel Spannung, Liebe und Schmerz darin.

Wir haben hier zwei Zeitebenen, die Gegenwart der 96-jährigen Doris; und die Erzählung über ihr Leben. Beginnend in den 20er / 30er Jahren als sie noch ein junger Teenager war und sich mit einem Mal allein versorgen muss. Bis hin zu dem Hier und Jetzt, als es sich fast in Nichte Jennys Geschichte verwandelt.

Es ist so umfassend und interessant. Schweden, Paris, England und die USA – überall war Doris zuhause und lebte in teilweise widrigen Umständen. Doris erzählt nicht jeden Tag im Detail, aber besondere Schlüsselerlebnisse. Und diese sind so detailliert und intensiv beschrieben, dass ich mich fühlte, als wäre ich dabei. Ich konnte Doris neben mir stehen spüren, ihre Gefühle und Gedanken so genau nachvollziehen. Hach!

Ich wollte sie retten und konnte nur zusehen, wie sich ihre Situation dramatisch zuspitzte.

Es ist wirklich nichts für schwache Nerven. Es ist keine “heile Welt, Ritter kommt auf weißen Pferd und rettet sie” – Geschichte. Es ist eine Geschichte, wie sie vermutlich tatsächlich stattgefunden hat – so, oder ähnlich. Das Leben zu den Zeiten des Kriegs war kein Zuckerschlecken und in diesem Roman spürt man fast selbst, wie sich der Krieg auch auf „Unbeteiligte“ auswirkte. (Übrigens ist für ein solches Erlebnis auch „Abitte“ von Ian McEwan sehr gut geeignet.)

Mich beeindruckte die gesamte Geschichte, ging mir unter die Haut und ließ mich ziemlich zerstört zurück. Die Geschichte an sich ist nicht vorhersehbar, denn der Plot folgt keinem 08/15 Muster. Das Ende ist ein wenig vorhersehbar, was aber gar nicht störte, sondern die Geschichte gut abrundete. Ich sog die Worte nur so in mich hinein und wollte gleichzeitig nicht, dass die Geschichte endet. Was genau diesen Effekt ausmachte, kann ich nicht sagen. Die Atmosphäre, die Personen, … das Gesamtpaket.

Selten war ich so ergriffen bei einem Roman und fühlte mich so persönlich angesprochen. Doris‘ Verzweiflung als Jugendliche, die Missbrauch so ausgesetzt war und diese Stärke, die sie gleichzeitig vermittelte. Ich folgte staunend ihren Weg, ihren Mut, alles für ihr Liebe zu geben und sogar das Land zu verlassen. Wie sie kämpfte und aufgab, wie sich alles auf ein Thema zuspitzt.

Es geht um die Liebe.

Ich will auf keinen Fall zu viel verraten. Doch die Liebe ist etwas, das Doris entdeckt und zu ihrem Leitmotiv erwählt. Auch lernt man gemeinsam mit Doris, dass die Liebe nicht nur schön ist, sondern einem auch das Herz brechen kann. Die letzten Seiten konnte ich nur schniefend lesen, mich packte es so sehr und ich war extrem ergriffen. Ich hab das nicht häufig bei Büchern und mich überraschte es, dass Doris mich mit ihrer Geschichte so berühren konnte.

Auch Jenny, ihre Nichte, gefiel mir sehr gut. Sie war nicht die Klischee entfernte Verwandte, sondern interessiert sich tatsächlich für Doris und auch ihr Lebensweg war erstaunlich. Hier merkt man die Verwandtschaft zu Doris – in ihrer Art und ihrem Mut.

Der Roman lässt mich viel über mich nachdenken, meine Familie, unser Verhältnis. Es ist persönlich. Der Roman gibt mir viel mit auf meinen eigenen Weg. Und allein das macht das Buch für mich zu einem neuen Lieblingsbuch.

Zu guter Letzt MUSS ich das Cover erwähnen, denn das ist eine absolute Schönheit. Wow! Die deutsche Variante gewinnt klar vor den anderen Covern (siehe Frankreich 🙂 )


Fazit:

Selten hat mich ein Buch so ergriffen wie „Das rote Adressbuch“. Mitfiebern, freuen und weinen – all das birgt diese Lebensgeschichte von der Schwedin Doris. Man wird dankbar für das, was man hat. Es rückt die Gedanken gerade und lässt einen das Leben mehr zu schätzen wissen. Ein absoluter Lesetipp!


Und wenn ihr auch ein paar Tränen verdrücken wollt – hier ein kurzes Interview mit der Autorin. Denn ihr Roman hat einen persönlichen Hintergrund. Ihre eigene Großtante hieß Doris und nachdem sie verstorben war, fand Sofia bei ihr ein Adressbuch…


Vielen Dank..

… an das Bloggerportal und den Goldmann Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.


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