[Rezension] Deine kalten Hände von Han Kang

Veröffentlicht: 20. Februar 2019 von Juliane

Deine kalten Hände
Han Kang
Kyong-Hae Flügel
Erzählung
Aufbau Verlag
Februar 2019
eBook
312 (print)
In your cold hands
.. den Verlag!

Von einem auf den anderen Tag verschwindet ein Bildhauer scheinbar spurlos vom Erdboden. Er hinterlässt ein Manuskript – ja, fast ein Tagebuch, in dem er seine letzten Jahre beschreibt. Er nimmt Abdrücke von Menschen. Doch diese Abdrücke sind mehr als nur Gips. Sie beinhalten Erinnerungen an die Menschen, zeigen Gefühle und erzählen eine Geschichte. Doch was ist mit dem Bildhauer geschehen und wie kam es zu seiner Sucht, Menschen in Gips zu verewigen?

Meine Meinung:

Vorweg muss ich gleich loswerden, dass mir 80% des Romans richtig gut gefallen hat und ich wahnsinnig beeindruckt bin. Doch leider fehlen 20% – und genau von diesen 20% bin ich ziemlich enttäuscht und machten mir etwas das Leseerlebnis nieder. Denn die fehlenden Begeisterung betrifft das Ende.

Beginnen wir aber mit dem Positiven: Han Kang erzählt hier eine absurd interessante Geschichten über einen Bildhauer, der mich ein wenig an Patrick Süskinds Grenouille erinnerte. Denn er ist manisch, eigen und psychologisch gesehen super interessant. Mich zog diese Eigenart sehr an und ich las begierig seine Geschichte. Übrigens lesen wir seine Geschichte indem eine Person in Besitz seines Manuskripts kommt und dieses liest. Circa 90% der Geschichte ist also dieses Manuskript, was fast mehr ein Tagebuch ist.

Es spielt in Korea, doch das ist gar nicht mal so präsent, was ein wenig schade war. Von manchen Personen kannte man zwar den vollen Namen, doch im Manuskript nutzte der Bildhauer nur die Initialen. Auch von der Außenwelt bekommt man als Leser nur sehr am Rande mit. Die meiste Zeit ist man in den Gedanken gefangen, oder im Museum oder in dem Atelier von ihm.

Es war erschreckend zu lesen, was hier geschah. Gerade eine weibliche Person rückte immer wieder in den Vordergrund und letztlich handelt das Buch eigentlich von ihr. Sie hat starke psychische Probleme: Ängste und ein falsches Selbstbild, sie gerät in einen Strudel von negativen Mustern, und letztendlich in einer Krankheit. Und das wird so unfassbar gut beschrieben. Wirklich. Es ist heftig und definitiv nichts für schwache Nerven (und Mägen). Ich war gleichzeitig abgestoßen und eingenommen.

Der Großteil von Han Kangs Geschichte ist eine psychologische Studie und Beobachtung von Menschen. Abgründe und die hässlichen Seiten. Es ist definitiv eine Kritik an der heutigen Gesellschaft und regt sehr zum Nachdenken an. Die gesamte Stimmung des Romans ist unterschwellig bedrohlich. Ich erahnte ständig etwas Schlimmes (ehrlich sagt: einen Mord) und gleichzeitig litt ich sehr mit. Nicht mit dem Bildhauer, sondern mit der Frau.

Grundfrage in dem Roman ist, was mit unserem Erzähler passiert ist. Warum er weg ist. Obwohl ich zum Großteil von der jungen Frau und ihrer tragischen Krankheit eingenommen war, beschäftigte mich natürlich auch das Rätsel. Leider war das Ende so gar nicht nach meinem Geschmack. Ich fühlte mich sehr hängen gelassen und hätte gern noch zwei, drei erklärenden Kapitel mehr gehabt. Hätte es ein stimmigeres Ende gegeben wäre meine endlose Begeisterung des Mittelteils auf das gesamte Buch übergesprungen.

Die Autorin Han Kang werde ich definitiv im Auge behalten und noch mehr von ihr lesen!


Fazit:

Ein hochinteressanter Roman über die menschliche Psyche und Abgründe, in die man durch heutige gesellschaftliche Erwartungen fallen kann. Ich war gefesselt, schockiert und beeindruckt von der Geschichte – doch leider war das Ende für mich sehr störend, sodass es meinen Gesamteindruck etwas dämpft. Von der Autorin will ich dennoch dringend mehr lesen!


Vielen Dank…

… an Netgalley und den Aufbau Verlag für mein Rezensionsexemplar!


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