[Rezension] Mein Ein und Alles von Gabriel Tallent

Veröffentlicht: 19. Dezember 2018 von Juliane

Mein Ein und Alles Book Cover
Mein Ein und Alles
Gabriel Tallent
Familiendrama
Penguin Verlag
September 2018
480 Seiten
Stephan Kleiner
My Absolut Darling
... den Verlag!

Die 14-jährige Turtle lebt mit ihrem Vater gemeinsam abgelegen am Rand der Stadt mitten im Wald. Nachdem ihre Mutter schon früh gestorben ist, hat ihr Vater allein die Erziehung übernommen und die beiden haben ein enges – aber gestörtes Verhältnis zueinander. Turtles Alltag ist geprägt von Gewalt, Misshandlung und einer psychischen Abhängigkeit. Als sie eines Tages im Wald auf Jacob trifft, ein Junge von ihrer Schule, beginnt sie langsam ihr Leben und ihr Verhältnis zu ihrem Vater zu hinterfragen.

Meine Meinung:

Wow. Kaum mehr kann ich zu diesem Raum sagen. Und es ist kein begeistertes „Wow“ – es ist ein erstauntes, sprachloses und schockiertes „Wow“. Dieses Buch müsste mit einer Triggerwarnung beginnen, denn folgende Punkte werde nicht nur angeschnitten, sie sind die zentralen Themen des Romans: Gewalt, Missbrauch, Kindesmisshandlung, Psychischer Missbrauch, Inzest, derbe Sprache. Auch werde ich diese Themen in meiner Rezension aufgreifen. Bitte seid gewarnt und lest nicht weiter, wenn euch das triggert.

Tatsächlich hatte ich eine Geschichte erwartet, die unter die Haut geht und intensiv ist. Die Misshandlung von Turtle ist auf dem Klappentext angedeutet, aber auch ihr Weg daraus. Und das war mir zu wenig präsent. Der Großteil der Geschichte ist echt übel und erschreckend. Was Turtle passiert, ist heftig und so real beschrieben. Detailreich schildert der Autor die Geschehnisse. Es ist teilweise eklig und brutal. Einmal las ich beim Essen und mir wurde regelrecht schlecht. (Ich sage nur „abgeschossener Finger und die „Behandlung“ der Wunde.)

Ja, warum hab ich es überhaupt komplett gelesen? Gute Frage! Das Buch ist ziemlich umfassend, mit fast 500 Seiten. Ich war irgendwie gefesselt. Der „Autounfall-Effekt“ hat mich gepackt (es ist so schlimm, ich kann nicht wegsehen). Und ich hatte Hoffnung. Ich wollte sehen, wie Turtle da durch kommt, was mit ihrem widerlichen Vater passiert. Auch ist das Buch gut geschrieben, es liest sich sehr flüssig und es passiert auch immer etwas, das einen neugierig auf den Verlauf macht.

Die Atmosphäre ist sehr drückend, es ist definitiv keine leichte Kost oder angenehm zu lesen. Ich finde es so tragisch, was Turtle geschieht und kann auch nicht darüber wegsehen. Diese Hilflosigkeit vieler in ihrer Umgebung machte mich wütend. Wütend darüber, dass keiner was unternahm. Wütend war ich aber auch auf Turtle. Ich kann ihr Trauma nicht verstehen, die Situation in der sie steckt ist für mich (zum Glück) fremd. ABER dennoch konnte ich es kaum ertragen, dass sie sich nicht wert. Dass sie diese Abhängigkeit hat. Immer. Wieder. In. Die. Falle. Tappt.

Nein, für mich ist dieser Roman kein Werk. Es ist eine Katastrophe und ich fühlte mich unwohl beim Lesen. Diese rohe Gewalt schockierte mich. Diese blanken Worte, die genutzt wurden und definitiv zensiert gehören. Es war nicht nur körperlich brutal, auch mental. Abends konnte ich nicht in dem Buch lesen, es ging mir zu nahe. Viele sagen, dass das Ende versöhnt mit dem Roman. Mir ging es nicht so. Ich hatte mir etwas anderes gewünscht. Die letzten paar Seiten machten das Buch nicht wett. Der Showdown war mir zu spacig, zu weit weg von einer Realität, wie ich sie mir vorstelle. Was ist das und was soll das? Ich fand dazu keine Verbindung und hatte kein Verständnis.

Empfehlen kann ich das Buch nicht. Es sieht gesamt toll aus, ist sehr hochwertig gebunden und das Cover ist total schön. Es hebt sich ab von vielen 08/15 Geschichten und bietet eine komplexe Darstellung der menschlichen Psyche. Der Schreibstil ist toll und nimmt den Leser ein. ABER: Die Schimpfworte. Die Vergewaltigungen. Der Inzest. Der Missbrauch. Und der Ekel. Das war mir zu viel.


Fazit:

Verstörend, schockierend und extrem. Ein sehr fesselnder Erzählstil ließ mich das Buch innerhalb kurzer Zeit lesen – allerdings konnte es mich auf Grund der heftigen Themen nicht überzeugen. Mir war die Sprache zu derb und die Geschehnisse zu traumatisierend. Diesen Roman darf man nur mit Vorsicht genießen.


Vielen Dank…

…. an den Penguin Verlag für die Bereitstellung des Rezensionexemplars!


Weitere Meinungen:

Buchstabenträumerei


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