[Rezension] Ready Player One von Ernest Cline (plus Filmvergleich)

Veröffentlicht: 8. April 2018 von Juliane

Ready Player One Book Cover
Ready Player One
Ernest Cline
Science Fiction
blanvalet Verlag
2010
Taschenbuch
510
http://www.imdb.com/title/tt1677720/

2044: Die Welt ist nicht mehr so wir wir sie kennen. Nach einer globalen Wirtschafts- und Energiekrise sind die Ressourcen der Welt fast aufgebraucht und die Zivilisation steht kurz vor dem Kollaps.

Zur gleichen Zeit boomt die Oasis. Eine virtuelle Kopie der realen Welt. Nur dass sie besser ist. Dort kann man alles erreichen, alles erleben und sich frei bewegen.

Als der Gründer der Oasis stirbt verrät er in seinem Nachlass ein Geheimnis: Er hat ein Easter Egg in der Oasis versteckt. Wer dieses Easter Egg findet, wird die Oasis erben und somit mit einem Schlag Multimilliardär werden. Wer wird die Aufgaben meistern, die Hinweise auf den Ort des Easter Eggs preisgeben? Denn was bekannt ist, ist nur ein Rätsel.

 

In der Nerdszene ist “Ready Player One” längst ein Klassiker geworden. Nun kommt die Buchverfilmung ins Kino und ich habe das als Anlass genommen, vorher noch das Buch zu lesen. Der Großteil dieses Beitrags ist die Rezension zu dem Roman, aber zum Schluss ziehe ich auch noch ein Resüme zu dem Film.


Meine Meinung zum Roman:

Relativ spontan hatte ich mir überlegt, einen freien Samstag zu nutzen und einen Lesemarathon zu veranstalten. An einem Tag, innerhalb von rund 6 Stunden, habe ich „Ready Player One“ gelesen. Dadurch hab ich den Roman natürlich sehr intensiv und rasant erlebt.

Das war gut. Denn hätte ich nicht den “Druck” gehabt, den Roman in einem zu lesen, hätte ich vermutlich nicht mal Seite 100 erreicht. Nach einem vielversprechenden Prolog kommt die Geschichte nicht wirklich in die Gänge. Der Autor beschreibt das Leben von Wade (aka Parzival) sehr genau. Und trotzdem hatte ich nicht das Gefühl, dass er dem Charakter Tiefe gegeben hat.

Gehen wir aber erstmal einen Schritt zurück: Denn im Großen und Ganzen hat mir die Geschichte rund um die Easter Egg Suche innerhalb der Oasis gut gefallen. Diese Zukunftsidee mit der virtuellen Welt – mal ehrlich – so lang kann es nicht mehr dauern, bis es die Realität geworden ist, mehr Zeit online als offline zu leben.

Schulen sind online, die keine Ressourcen der wirklichen Welt verbrauchen. Beamen / teleportieren ist möglich, man steckt keine Stunden mehr im Stau fest. Man kann sein Äußeres aufbessern. Man kann in der Oasis alles werden, alles erreichen und Dinge erleben, die in der realen Welt nicht möglich sind. Dennoch gibt es dort restriktive Bereiche, in die zum Beispiel Kinder nicht kommen können (sie halten sich nämlich teilweise allein dort auf!).

Die Idee ist einfach genial und so verführerisch. Gleichzeitig sieht man in dem Roman auch die Schattenseiten. Machtkämpfe gibt es. Die Oasis hat einen Wert. Bei der Jagd auf das Erbe der Oasis wird das durch die IOI sehr deutlich. Also: Die Idee hat Potential. Und die Geschichte ist gespickt mit einer Menge Anspielungen auf popkulturelle Themen aus den 80ern. Denn der Gründer der Oasis war ein typischer Nerd.

Ich bin ein Kind der 90er (und war nicht wirklich ein Nerd) und habe leider oft die Anspielungen nicht verstanden, oder auch die Spiele, die dort gespielt wurden, nicht gekannt. Schlimm ist das nicht, denn witzig ist es trotzdem beschrieben – gerade eine Szene, in der Wade/Parzival die Aufgabe hat, einen 80er Jahre Film (ich weiß schon nicht mehr den Titel..) komplett mitzuspielen, inkl. der richtigen Dialoge.

Leider hat der Roman einige Höhen und Tiefen. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass es Debütroman ist und der Autor seinen Storyaufbau noch finden muss, aber mir waren manche Abschnitte einfach zu langatmig. Wade / Parzival war meiner Meinung nach einfach zu lange allein unterwegs.

Gern hätte der Autor Art3mis und Aech früher zu Wade / Parzival bringen können. Eine Harry Potter – 3 Personen – Dynamik wär ziemlich cool gewesen. Und es hätte der Geschichte um einiges an Tempo gegeben. Es ist nicht so, dass alles langweilig war. Manche Stellen haben mich richtig überrascht (der erste, der das zweite Tor erreichte), manche Stellen geschockt (die Explosion!) und der große Showdown hat mir auch richtig gut gefallen. Hier gab es Action, Zusammenhalt und Spannung.

Sowieso muss ich das Ende positiv hervorheben. Es ist echt klasse! So viele Stränge der Geschichte finden hier zusammen und ergeben einen logischen Schluss. Mehr konnte ich mir für den Roman nicht wünschen!


Meine Meinung zum Film

SPOILER WARNUNG! Hier klicken um den Spoiler zu überspringen.

Nachdem ich den Roman beendet hatte, habe ich mir direkt die Filmtrailer angesehen und ich wär am liebsten schreiend davon gerannt. Steven Spielberg steht ja eigentlich für gute Filme. Und dann das hier:

Schon im Trailer habe ich gesehen, dass einige Überraschungsmomente des Romans früh (ja, sogar im Trailer schon..) verraten werden. Die Personen sind einfach komplett umgekrempelt worden. Ihre stereotypischen Charakteristiken wurden über den Haufen geworfen. Wieso ist Parzival blau und hat silberne Haare? Was in Gottes Namen ist mit Art3mis passiert? Und über Aech will ich gar nicht sprechen (ein Troll?!).

Nachdem ich den gesamten Film gesehen habe, muss ich sagen, dass es noch schlimmer war als ich erwartet hatte. Es ist nicht so, dass der Film schlecht ist – für sich allein stehend ist er ok. Es gibt coole Special Effects, die Kampfszenen und Perspektivenwechsel waren klasse gefilmt.

Im Roman werden nur Anspielungen auf die Popkultur der 80er gemacht, im Film ist es ist bunt durchmischt. Stephen King, Die Sims, oder King Kong – eine Reise von den 80ern bis in die heutige Zeit. Das hat mir richtig gut gefallen – denn endlich hab ich auch mal was verstanden 😉

Gleichzeitig fand ich es sehr schade, dass der Film nicht das volle Potential der Popkultur ausgenutzt hat. Wieso wurden nicht viel öfters Lieder aus den jeweiligen Jahrzehnten gespielt? Das hätte der Sache echt mehr Pepp gegeben.

Den Roman muss man vergessen, wenn man sich diese Verfilmung ansieht.

Auch so darf man manche Handlungen nicht hinterfragen. Samantha läuft einfach – ohne Tarnung – aus dem IOI Gebäude raus. Klar, warum sollte sie auch auffallen? Es suchen ja nur alle nach ihr… Sorento, der große Bösewicht der Geschichte, wird plötzlich weich und komödiantisch? Hä?

Man findet im Film immer mal wieder Fetzen aus dem Buch. Leider wurde echt wenig übernommen. Weder die Quests oder die Rätsel glichen denen aus dem Buch. Schade! Im Film kam keine Dramatik rüber. Es sah aus als gäbe es nur eine handvoll Egg Hunter. Dass es hier im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod geht? Ach, naja, ist eher zweitrangig.

Am meisten regt mich auf, dass essentielle Fakten aus dem Roman nicht im Film übernommen wurden und sehr krass verändert wurden. Parzival hatte kein Geld und nur mit seinem Wissen den ersten Schlüssel erreicht. Im Film hat er ein teures Auto?! Sorento ist schlau, gewitzt. Im Film? Eine Witzfigur! Und Ogden Morrow ist doch ein so wichtiger Charakter im Roman. Im Buch darf er am Ende noch für eine Comedyszene herhalten.

Danke, Steven Spielberg. Für nichts.

Ein Gutes hat der Film gebracht – ich weiß den Roman nun mehr wertzuschätzen 🙂

SPOILER ENDE


Fazit:

“Ready Player One” ist ein geheimer Klassiker. Wir sehen hier eine mögliche virtuelle Zukunft, die definitiv spannend, interessant und verführerisch ist. Insgesamt, konnte mich der Science Fiction Roman leider nur teilweise überzeugen. Eine überzeugende Grundidee reichte nicht aus – die Charaktere blieben mir zu blass und es gab einige langatmige Passagen. Trotzdem hat der Roman auch seine Höhen: Es gibt einige spannende Szenen, Plottwists und ein nahezu perfektes Ende!

Den Vergleich zwischen Roman und Film darf man eigentlich gar nicht ziehen. Für sich allein funktioniert der Film ganz ok, er unterhält mit viel Action und einige popkulturellen Anspielungen. Wenn man den Roman dagegenhält wird man enttäuscht, denn Personen und Orte sind so weit von der Vorlage entfernt wie nur möglich.


Übrigens:

Erst vor kurzem verkündete der Autor, dass er an “Ready Player Two” arbeitet und somit die Geschichte fortsetzt. Insgesamt wird es eine Trilogie werden.

10 Kommentare

  • Chris 8. April 2018 at 20:33

    Danke für die tolle Rezension. Ich bin zwar in den 80ern geboren, hab aber viele Hits von da erst viel später erlebt. Ich habe viele Anspielungen verstanden, etliche aber auch nicht. Ich fand dieses Buch extrem genial. Ich weiß aber auch genau, welche Längen du meinst. Schlussendlich fand ich die aber nicht mal so schlimm. Ich mag es, wenn man Dinge auch mal ausführlicher beschreibt oder erklärt (Hallo Tolkien, Hallo Schätzing). Besonders gefiel mir halt dieses Rätsel-Setting.
    Ich habe das Buch vor etwa einem Jahr gelesen. Ich muss auch mal noch eine Rezi dazu verfassen.

    Den Film werde ich mir an Dienstag antun. Und ich werde mit dem Wissen reingehen, dass es eine ganz andere Geschichte ist. Dann wird er mir hoffentlich gefallen 🙂 hier ist der Abstand zum Buch definitiv eine gute Sache 🙂

    Reply
    • Juliane 14. April 2018 at 23:14

      Jetzt bin ich neugierig: Wie hat dir der Film gefallen? Findest du nicht auch, dass es sehr viele Unterschiede gibt? Mir kam es echt so vor, als hätten die Filmemacher einen anderen Roman gelesen 😉

      Eine Rezension zu dem Buch würde ich mich auch interessieren! Es ist nie zu spät, seine Meinung nieder zu schreiben 🙂

      Viele Grüße
      Juliane

      Reply
  • Nicci Trallafitti 9. April 2018 at 11:32

    Liebe Juliane,
    den Spoiler habe ich brav übersprungen, deine Rezi nur überfolgen.
    Dein Fazit macht mich neugierig, trotz Kritikpunkte 🙂
    Ich bin sehr gespannt auf den Roman, und deine Fotos finde ich übrigens richtig cool!

    Liebe Grüße,
    Nicci

    Reply
    • Juliane 14. April 2018 at 23:15

      Sehr gut 🙂 Ich hatte zuerst keine Spoilerwarnung eingebaut – habe beim Testlesen aber gemerkt, dass ich in meinem “Rand” so ziemlich alles verraten hatte 😉

      Wirst du dir den Film auch ansehen?

      Liebe Grüße
      Juliane

      Reply
      • Nicci Trallafitti 16. April 2018 at 3:06

        Jau, ich werde ihn auf jeden Fall anschauen, aber eher auf DVD. Ins Kino schaffe ich es nur sehr selten 🙂 Bin schon sehr gespannt.

        Reply
  • Buecherpanda 16. April 2018 at 10:47

    Eine wirklich tolle Rezension und ein toller Filmvergleich!
    Ich denke nicht, dass ich zu dem Buch greifen werde, auch wenn es eine interessante Thematik widerspiegelt.
    Neugierig bin ich aber und vermutlich werde ich mir dann nur mal den Film ansehen 🙂

    Liebste Grüße
    Jenny

    Reply
    • Juliane 17. April 2018 at 17:39

      Liebe Jenny,

      vielen Dank!

      Ja, leider erfasst der Film nicht das gesamte Spektrum / Ideenreichtum des Romans.. aber ich kann mir vorstellen, dass einem der Film viel besser gefällt, wenn man den Roman nicht kennt.
      Aber du hast ja jetzt das Hörbuch, richtig?

      Liebe Grüße
      Juliane

      Reply
      • Buecherpanda 18. April 2018 at 13:46

        Genau, das Hörbuch hab ich dann spontan nach deiner Rezi angefangen, da es auf Bookbeat verfügbar ist und ich da gerade ein Probeabo hab 😀
        Bisher gefällt es mir sehr, auch wenn einige Längen dabei sind.

        Reply
  • Kai 18. April 2018 at 23:58

    Vielen Dank für Deinen Vergleich. Ich bin nur zufällig darüber gestolpert, da ich gerade etwas ver- oder zerstört 😉 aus dem Kino komme, da ich kaum glauben konnte, dass nur ich so über den Film empfinde.
    Ich habe mir den Roman letzte Woche als (Hör)buch gegönnt und war total begeistert und fasziniert. Ich bin in den 80ern groß geworden und war auch damals bereis ein “Zocker”. All die vielen Anspielungen waren einfach grandios und ich habe das Buch von der ersten bis zur letzten Zeile geliebt…
    Dann beging ich den Fehler und habe mir den Film heute angeschaut. Meine Güte, mir war bis heute neu, wie weit man mit einem Film von der Vorlage abweichen kann. Das es Unterschiede geben muss war klar, aber das? Bis auf wenige Fetzen alles umgekrempelt…ich bin doch immer noch entsetzt aber froh, dass ich offensichtlich nicht alleine dastehe 😉
    Der Film an sich ist wohl besseres Popcornkino, aber leider nicht mehr… alles was das Buch für mich herausragend machte fehlt hier, sehr Schade. Da wäre echt mehr drin gewesen.

    Trotzdem vielen Dank für Diene Mühe, ich werde Deine Seite im Auge behalten!

    Viele Grüße
    Kai

    Reply
    • Juliane 23. April 2018 at 20:40

      Lieber Kai,

      wie schön, dass du auf meinem Blog gelandet bist – und DANKE, dass du es genauso siehst. Ich fühle mich auch schon fast allein mit meiner Meinung 😉 Wenn man diverse Podcasts hört – es sind so viele Leute richtig begeistert… WARUM? ?

      Irgendwie müssen wir wohl den Film verdrängen und uns auf das Buch konzentrieren. Vielleicht wird es in ein paar Jahren ja nochmal verfilmt. Oder Netflix macht eine Serie draus 😉

      Liebe Grüße
      Juliane

      Reply

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