In der Welt von Orleans bestimmt das Aussehen den Alltag. Graue Haut, stumpfe borstige Haare und rote Augen – jeder will sein wahres Äußeres verdecken. Doch nur eine kleine Gruppe hat die Fähigkeiten Schönheit zu bringen und das Äußere nach Belieben zu beeinflussen: Die Belles. Diese Gruppe Frauen wurde von der Göttin mit Magie beschenkt. Sie werden gefeiert und die reichen Menschen nutzen gegen Bezahlung ihre Dienste. Und eine Belle steht im Dienste des Königshauses. Sie wird “Die Favoritin” genannt und gilt als die Mächtigste Belle. Als Camelia und ihre Schwestern als die neue Generation Belles vorgestellt werden, ist ihr eines klar: Sie will die Favoritin werden – doch hat sie keine Ahnung, welch Bürde sich dahinter versteckt und welch Grausamkeit sie dort erwarten würde.
Meine Meinung:
“The Belles” ist mir schon vor einer Weile ins Auge gefallen, nämlich als es das Buch nur auf Englisch gab und viele englischsprachige Buchblogger darüber berichteten. Gerade dieser Gegensatz von Schönheit und Brutalität machte mich neugierig. Nun erschien es auf Deutsch mit einem so wunderschönen Cover – ich musste es endlich lesen!
Die Aufmachung des Romans ist wirklich einzigartig. Ein wunderschönes Cover, Blüten an jedem Kapitelbeginn – und EINE KARTE! YES! Ich liebe Karten von Fantasywelten und diese war besonders detailreich und schön gestaltet. Schon bevor ich den Roman begann, war ich versunken in der Karte. Auch die ersten Seiten fesselten mich. Die Beschreibungen von Orleans, von den Menschen dort. Mir gefiel es, dass wir einen Mix aus Mittelalter, Moderne und Zukunft haben. So und die Hierarchien sehr mittelalterlich (mit Königin & Co.), es gibt Kutschen, Pferde und Bälle. Aber es gibt auch Bildschirme, Projektionen und Magie. Eine wahrhaft fantastische Welt!
Auch gefiel mir, dass die Handlung unvorhersehbar war. Denn der Klappentext erzählt nur den Ausgangspunkt. Was passiert danach? Alles ist offen! Zudem gibt es zwar einen Love Interest, aber das ist wirklich nur eine Nebengeschichte und es ist nicht das Ziel der Story, dass Camelia mit irgendeinem heißen Typen zusammen kommt. So lernen wir von Kapitel zu Kapitel mehr über die Welt, über die Vergangenheit und die Geheimnisse, die in der höfischen Welt von Orleans verdeckt sind.
Wir verfolgen Camelia, die zu wissen glaubt, was vor sich geht und erst nach und nach erfahren wir gemeinsam mit ihr, was da vor sich geht. Und das ist soooo gut dargestellt. Wie sie zunächst so naiv ist und so unbedingt zu diesem Konzept der “Schönheit Regiert” mitmachen will. Ach, es ist wirklich klasse und es gibt so viele Parallelen zur realen Welt. Wie sehr sind wir von unserem Äußeren gesteuert? Wollen immer Aussehen wie jemand anderes? Ich hatte zu Beginn so Schwierigkeiten damit, mir die Personen vorzustellen, die ständig ihr Äußeres signifikant verändern. Es war mir fast nicht möglich – und das nur, weil ich keine stete Haar- oder Augenfarbe präsentiert bekam. Verrückt!
Die erste Hälfte des Romans ist sehr ruhig. Ich kann mir vorstellen, dass es einige langweilig finden, da es schon viele Seiten sind, bis endlich die Action losgeht. Ich mochte auch die ruhigen Töne und genoss es, die langsame Veränderung von Camelias Denkweise zu verfolgen. Tatsächlich war ich fast enttäuscht darüber, dass wir kaum Brutalität hatten. Es werden die Schönheitskorrekturen zwar genauestens beschrieben (Augen werden aus den Augenhöhlen nach vorn gezogen, Haare waren lang gezogen, Knochen werden gebrochen und neu geformt), aber so richtig schockte mich das nicht.
Doch dann kamen mehr Dinge an die Oberfläche und eine bestimmte Person entpuppte sich als wahre Horror-Gestalt. Und dann eskalierte ALLES. Ich war platt und konnte nur noch staunend lesen. Was eine kranke Sache da abläuft und was die Autorin sich da ausgedacht hat! WOW! Wirklich! Gerade die letzten Kapitel, der große Showdown, war richtig brutal und heftig. Nicht jeder überlebt und die, die es nicht schaffen.. ich sag mal so: Das Ableben wird genau beschrieben.
Es ist ziemlich cool, dass es hier eine Welt gibt, in der Frauen regieren. Frauen haben hier definitiv die Oberhand. Zum Beispiel dürfen nur weibliche Personen den Thron besteigen. Auch gibt es nur weibliche Belles. Männer sieht man tatsächlich eher selten in dem Buch – wenn dann haben sie eher die Funktion der Wacher, Diener oder sind “Heiratsmaterial”. Also eigentlich genau das, was Frauen sonst gern in der Fantasyliteratur darstellen.
Zum Cover muss ich noch sagen, dass ich es wirklich wunderschön finde! Die Blüten, die Farben und auch dass es sozusagen zwei Cover gibt – ein zweites entpuppt sich nämlich, wenn man den transparenten Schutzumschlag entfernt und nur noch dieses reduzierte Bild vorhanden ist. Doch der Preis dafür ist leider ein Schutzumschlag aus Plastik und das finde ich sehr schade! In Zeiten, in der wir dafür kämpfen, nachhaltig zu leben, ist ein so dicker Plastikumschlag wirklich nicht klasse.
Band 2 der Reihe erscheint im März 2019 auf Englisch und hoffentlich bald auch auf Deutsch. Das wird übrigens der finale Teil sein, da es sich um eine zweiteilige Reihe handelt. Ich bin seeeeehr gespannt, was da noch alles passiert und rechne mit viel Action.
Fazit:
Eine faszinierende Welt, die nach außen so wunderschön und verführerisch erscheint. Doch dieses Buch hat es echt in sich: Psychischer Terror und Brutalität. Nichts für schwache Nerven! Auch ließ es mich über meine Wahrnehmung von Schönheit nachdenken – was wäre, wenn wir unser Äußeres auch einfach verändern könnten? Wer wären wir dann? Mir hat “The Belles” richtig gut gefallen und nach diesem Ende kann ich kaum auf den zweiten Band warten!
Vielen Dank…
… an den Thienemann-Esslinger Verlag für mein Rezensionsexemplar! Auch einen herzlichen Dank an Mainwunder, die die Kampagne rund um die Belles auf die Beine gestellt haben.
Einen weiteren Beitrag von mir zu den Belles findet ihr hier.
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