[Rezension] The Mister von E. L. James

Veröffentlicht: 17. Mai 2019 von Juliane

The Mister
E. L. James
Jeannette Bauroth, Andrea Brandl, Karin Dufner
Liebesroman
Goldmann Verlag
April 2019
Broschiertes Taschenbuch
608
The Mister

Auf der Flucht vor Menschhändlern, die sie aus Albanien nach England gebracht haben, ist es Alessias Rettung, dass sie bei Maxim Trevelyan als Putzkraft eine Anstellung findet. Maxim lebt sein Leben in vollen Zügen. Er ist DJ, Model und komponiert eigene Lieder. Jede Nacht hat er die Gesellschaft einer anderen abenteuerlustigen Frau, der er so manch schöne Stunde beschert. Doch dunkle Wolken sind aufgezogen: Sein Bruder ist kürzlich gestorben und er ist sein Erbe. Maxim ist nun Lord und so gar nicht bereit für diese Aufgabe. Dann trifft er auf Alessia. Seine neue Putzfrau fällt ihm ins Auge. Doch was verbirgt sie vor ihm?

Meine Meinung:

Als Teil einer Leserunde habe ich mich an „The Mister“ gewagt. Die Autorin E.L. James kenne ich bereits von ihrem Welterfolg „Fifty Shades of Grey“. Die Reihe entstand als erotische Fanfiction zu der Twilight Saga und als solches war sie auch ganz gut. „The Mister“ wird als Aschenputtel-Geschichte verkauft, die – wie wir es von der Autorin gewohnt sind – sehr erotisch sein soll. Meine Erwartungen waren so mäßig, allerdings hatte ich eine klitzekleine Hoffnung, dass es mir gefallen würde, weil ich eine Schwäche für Aschenputtel-Geschichten habe (was mir ein wenig peinlich ist.. ? ).

Und dann begann ich zu lesen und wusste schon nach 20 Seiten, dass das nichts werden würde. Die erste knappe Szene aus Alessias Sicht war noch recht packend, aber spätestens ab den ersten Auftritt von Maxim war ich ver- und erschreckt. Dass er sich durch die Gegend… vergnügt… war mir schon klar. Aber die Art und Weise ist echt erbärmlich. Jede Nacht eine andere, er findet es cool, dass er sich keinen Namen merken kann. Und hofft, dass sie sich nachts rausschleichen, damit sie bloß kein Wort mehr mit ihm wechseln. Negativ Highlight ist direkt die erste Szene als er mit seiner Schwägerin ins Bett steigt – die seit wenigen Tagen erst Witwe ist.

Genau. Denn Maxims Bruder ist gerade erst gestorben, was auch eine der Storylines ist. Denn durch den Tod von Kit erbt Maxim dessen Titel als Lord von Trevethick. Und das macht ihn fertig. Wirklich. Der arme Kerl muss dadurch nämlich alle paar Wochen mal ein Gut besuchen. Was sonst seine Aufgabe ist, wird leider nicht behandelt… aber immerhin denkt Maxim so alle 200 Seiten mal kurz an seinen verstorbenen Bruder und dass er ja trauert. Wirklich. Das gefiel mir gar nicht. Denn die Story, dass sein Bruder gestorben ist und er den Titel erbt finde ich vom Grund her nicht schlecht – da ist sogar richtig Potential. Leider verarbeitet E.L. James das nur gar nicht.

Maxims Ideal einer Frau ist eine Katastrophe. Sie soll klug, abenteuerlustig, immer bereit (!) sein und gut kochen (!) können. Er ist ständig beeindruckt von Alessias Augen, oder mal auch von ihren Kniekehlen (?!). Es war gruselig wie wenig er tatsächlich versucht, die Person Alessia kennenzulernen und wie sehr er von seinen Trieben gesteuert war. Selbst wenn sie einen kurzen Dialog hatten, ging es dann mit einer meist seeeehr plumpen Überleitung direkt wieder ums Körperliche. Zudem ist er der Alptraum-Macho in Person. Zu weinen entmannt ihn. Eine Entjungferung sieht er als Aufgabe. Er kauft einer Frau Schuhe und dann muss sie ihn lieben.

Hingegen ist Alessia das perfekte Opfer für ihn. Sie ist unsicher, unterwürfig und unerfahren. Sie kommt aus einer schlimmen Situation aus Albanien. Einerseits stellt die Autorin das sehr präsent dar mit ihrer Verschrecktheit und das Anklammern an Maxim (sie hat generell ein sehr kindliches Verhalten, ich weiß nicht was das über Maxim aussagt) und andererseits verhält sich Alessia null wieder eine verängstigte Person. In dem sie zum Beispiel zum Ende hin einfach so das Haus verlässt, obwohl die Gefahr gegenwärtig ist.

Ich könnte ewig viele Unstimmigkeiten bei Alessia aufzeigen, aber was noch seeeehr auffällig war, ist dass ihre Englischkenntnisse von sehr basic zu Muttersprachlevel reichen. Sie kann nicht mal sagen wie alt sie ist, oder wie eine Kreditkarte heißt. Aber sie kann ausführlich erklären, wie ihre Großmutter sie mit Musik aufgezogen hat. Es war immer passend zur Szene. Wenn mal schnell ein Background erklärt werden musste, sprach sie perfekt. Wenn sie aber kurz vor der intimen Zeit standen, konnte sie nur Bröckchen Englisch – was aber offenbar sehr anziehend auf Maxim wirkte.

Für mich wirkte ihre Beziehung nicht romantisch. Sie wirkte für mich unanständig. Er wirkte trotz seiner 28 Jahre wie ein alter, zwielichtiger Mensch, der nur an das eine denkt. Und sie (mit ihren 23 Jahren) wirkte sooo kindlich, sodass mir gerade zu Beginn einen Schauer über den Rücken lief, wenn er sich vorstellte, gewisse Dinge mir ihr anzustellen. Die beiden sprachen zunächst nur von körperlicher Anziehung. Welche Körperteile des anderen sie beobachten und was sie gern mit dem jeweils anderen anstellen wollen würden. Und plötzlich – ohne sich über Gespräche richtig kennen zu lernen, sprechen sie von LIEBE! Innerhalb von weniger Stunden. Und ja, auch bei anderen erotischen Romanen ist das der Fall. Aber die meisten Romane versuchen wenigstens noch ein paar Gespräche und verbindende Ereignisse einzufügen.

Ich fühlte mich von der Autorin veräppelt und glaube sogar immer noch, dass es einfach eine Satire auf einen erotischen Roman ist. Es kann nicht sein, dass das ihr ernst ist. Denn sie zieht nichts durch. Jeder Faden, der zu Beginn aufgegriffen wird, endet lose. Ob es Maxims familiäre Situation ist, Kits Unfall, sein Erbe, seine Sexsucht (was ist es sonst?), … oder auch Alessias Verfolger. Was geschah hier? Und die Dinge, die aufgeklärt wurden, hatten echt eine sehr billige Lösung. Selbst für E. L. James war das unrealistisch.

Und dann die erotischen Szenen. Ich denke, viele werden das Buch nur deshalb lesen, da ja auch „Fifty Shades of Grey“ dafür steht. Selbst die Fans dieser Szenen werden enttäuscht. Denn die ersten 273 Seiten gibt’s keine explizite Sexszene. Das ist schon ziemlich enttäuschend. Allerdings hörte es dann gar nicht mehr auf. Die gesamte „Story“ war auf Pause und die beiden vergnügten sich über 100 Seiten am Stück. Das war echt anstrengend. Zumal die Schilderungen oft anatomisch unlogisch waren und leider kam auch nichts an Erotik rüber.


Fazit:

Ein so unglaublich schlechtes Buch habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Die Autorin hat an allem gespart: Charakterbildung, generell Nebencharaktere, einer Story, Logik, Gefühle und Erzählstil. Zudem ist die deutsche Übersetzung wohl in Eile geschehen, wodurch einige Rechtschreibfehler im Buch aufgetaucht sind. Weder erotisch, noch spannend – dieses Buch hat mich so sehr enttäuscht. Wie sie mit so wenig Inhalt ganze 600 Seiten füllen konnte, ist mir ein einziges Rätsel.


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4 Kommentare

  • Julia 17. Mai 2019 at 14:29

    Ohje, das klingt wirklich abgrundtief schlecht. Ich weiß nicht, ob mich die Lektüre amüsieren oder wütend machen würde.
    Wobe ich sagen muss, dass ich die Leserunde ein bisschen auf Twitter verfolgt und die “Ich frottiere mir die Haare”-Szene einfach köstlich fand. Sowas ein Übergang muss einem erstmal einfallen! 😀

    Reply
    • Juliane 4. Juni 2019 at 8:44

      Jaaaa!! Es ist einfach so schlimm, dass es schon wieder lustig ist 😀 Ich finde es nur ganz schlimm, dass das Buch so extrem viel beworben wird… und dann auch entsprechend gekauft wird. Grauselig!

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  • Jill von Letterheart 23. Mai 2019 at 11:54

    Liebe Juliane,

    ich habe deine Schreckenserfahrung auch schon auf deinen Social Media Kanälen verfolgt und so traurig es auch ist, muss ich mir leider wirklich das Lachen verkneifen. Es ist zum einen einfach nur furchtbar, wie solch eine “Story” überhaupt publiziert wird, auf der anderen Seite kann man es einfach nur ins Lächerliche ziehen.
    Ich danke dir auf jeden Fall vielmals für deine ehrliche Meinung!

    Liebe Grüße
    Jill

    Reply
    • Juliane 4. Juni 2019 at 8:45

      Also tatsächlich lache ich selten so viel beim Lesen eines Buches wie bei “The Mister”. Es ist einfach so absurd, dass es schon witzig ist. Und ehrlich gesagt hat es auch ziemlich Spaß gemacht, die Rezension zu schreiben 🙂

      Liebe Grüße
      Juliane

      Reply

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