Besuch aus ferner Zeit von Katherine Webb

Veröffentlicht: 8. Juni 2021 von Juliane

Besuch aus ferner Zeit
Katherine Webb
Babette Schröder
(Historischer) Familienroman
Diana Verlag
Mai 2021
Gebundenes Buch
576
The Visitors
… an den Diana Verlag!

Liv Molyneaux ist gerade in das alte Haus ihres Vaters in Bristol gezogen. Er ist verschwunden und Liv glaubt nicht an die Theorie der Polizei, dass er Selbstmord begangen hat. Sie hofft, zwischen Martins Sachen in der Wohnung und der Buchbinderwerkstatt einen Hinweis zu finden. Neben der Trauer um ihr totgeborenes Kind wird Liv nachts immer wieder von seltsamen Geräuschen und dem Weinen eines Babys geweckt. Ist das alles Einbildung, oder steckt mehr dahinter?  (Klappentext)

Meine Meinung:

Triggerwarnungen (für das Buch und entsprechend der Rezension): Kindstod, Depression, Mord, rassistische Ausdrücke (N-Wort)

Katherine Webb schreibt wunderbare Romane, so war es für mich keine Frage, ob ich ihren neuen Roman “Aus ferner Zeit” lesen würde. Es ist wieder ein dicker Wälzer und verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart. Wir lesen hier in zwei (fast drei) verschiedenen Zeitebenen, was ich sehr an Geschichten – und auch an dieser – liebe. Gerade wenn die Geschichten zum Schluss auch zueinander finden. In “Aus ferner Zeit” hat Katherine Webb den Aufbau perfekt gestaltet und die Leser*innen neugierig gemacht.

Aber für mich fehlten definitiv Triggerwarnungen zu Beginn des Buches. Als frischgebackene Mutter kann ich es kaum ertragen, über sterbende Kinder oder “verlorene” Kinder zu lesen. Hier war es leider nicht nur eine Seitennotiz, sondern gerade bei Liv ein zentrales Thema. Es ist definitiv herzzerreißend und Katherine Webb hat es sehr emotional und authentisch beschrieben, wie Liv sich mit ihrem Verlust fühlt. Sie hat es gut gemacht – aber ohne Vorwarnung kann einen das tief treffen. Die zweite Zeitebene spielt rund um 1800 und hat ähnlich heftige Inhalte. Ich wäre gern darauf vorbereitet gewesen. Dass es sich um den Sklavenhandel drehen würde, hatte ich nicht erwartet und die Nutzung des N-Wortes lässt mich immer wieder zusammenzucken.

Abgesehen davon: Tatsächlich interessierte mich gut zwei Drittel des Buches die Geschichte rund um Bethia und Louisa mehr als die von Liv. Ich stellte selbst viele Theorien an, die sich alle als falsch erwiesen. Katherine Webb hat mit Bethia meiner Meinung nach die vielschichtigste und interessanteste Person erschaffen – wenn auch nicht die liebenswerteste Person. Sowohl die Geschichte von Liv/Adam/Martin als auch die von Bethia/Louisa war spannend und sehr verstrickt. Obwohl man zu Beginn schon erahnen kann, welche Verbindung hier herrscht, hat mich das Ende wirklich überrascht und erschüttert. Generell hätte ich bei diesem Roman nicht diese Grausamkeit und Traurigkeit erwartet, die man hier findet. Mir fehlte die Hoffnung. Es gibt kleine Hoffnungsschimmer am Ende beider Geschichten – oder zumindest eine Art Genugtuung, für mich allerdings zu wenig. Ich musste nach dem Beenden des Romans erstmal schlucken.

Was mir gefiel war die Art, wie Katherine Webb schreibt und ihre Geschichten lebhaft werden lässt. Ich mag den Aufbau und wie die beiden Geschichten nach und nach mehr Details preisgeben und man nach jedem Kapitel einen kleinen Cliffhanger hatte. Doch fehlte mir beim Großteil des Romans doch ein gewisses Tempo, leider war es an vielen Stellen zäh und mir kam es manchmal so vor, als würde die Geschichte ewig auf der Stelle treten. Wäre diese Geschichte der Frauen auf 300-400 statt den fast 600 Seiten erzählt worden, hätten wir bestimmt mehr Spannung und ein Pageturner-Feeling haben können.


Fazit:

“Besuch aus ferner Zeit” lässt mich sprachlos zurück. Eine so intensive, traurige und grausame Geschichte hab ich hier gelesen und muss ich erstmal verarbeiten. Es ist ein Drama über Krankheiten, Fehlentscheidungen und das Existieren zur falschen Zeit am falschen Ort. Mich hat die Geschichte beider Frauen sehr berührt. Gleichzeitig finde ich, dass die Geschichte zu ausgedehnt und zu deprimierend war. Ich denke, etwas mehr Hoffnung hätte der Geschichte gut getan und auch 100-200 Seiten weniger.


Vielen Dank…

…an den Diana Verlag für mein Rezensionsexemplar!

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